Die heutige Dominante des jüdischen Friedhofsareals – der neogotische Zeremoniesaal aus dem Jahr 1892 – hatte ein bewegtes Schicksal. Zur Erschaffung dieses Projekts wurde der österreichische Architekt und Politiker Franz Ritter von Neumann herangezogen. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die neogotischen Rathäuser in Liberec (Reichenberg) und Frýdlant (Friedland), der erste Aussichtsturm auf dem Praděd (er stürzte 1959 ein) und viele Bauwerke in Wien, wo er u.a. im Dienste des Wiener Zweiges der Familie Kuffner stand, denen er 1890 eine Sternwarte in Ottakring und eine prunkvolle Villa errichtete. Die warmen Empfehlungen der Wiener Verwandtschaft des damaligen Bürgermeisters der Stadt Břeclav Hermann Kuffner und seine finanzielle Unterstützung führten zur Wahl des Architekten für den Zeremoniesaal in Břeclav.
Nach dem Krieg diente das Gebäude als Lager für Polster- und Tapezierbedarf, sowie drogistische Artikel. Sein trister Zustand erzwang in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zumindest eine Grunderneuerung des Daches. Zur selben Zeit wurde eine Rekonstruktion des ehemaligen Totengräberhauses durchgeführt.
Der Zeremoniesaal ist ein ebenerdiger Hallenbau mit Satteldach und Giebel. Den Innenraum dominieren sein pseudogotisches Rippengewölbe und historisierende Wandmalereien. Die Wände sind mit deutschen und hebräischen Inschriften versehen, heute nur noch in fragmentarischem Zustand „Als viele unruhige Gedanken in mir waren, beglückten deine Tröstungen meine Seele.“ (Psalm 94, 19). Das Kulturdenkmal thront über dem gesamten Friedhofskomplex und bildet dadurch ein herrliches architektonisches Ensemble im Geiste neogotischen Stils. Die glasierten und unbehandelten baulichen Elemente des Zeremoniesaals und der Friedhofsbegrenzung können nahezu als ein Katalog der Zeit um den Jahrhundertwechsel 19./20. Jhdt. der damaligen fürstlichen Liechtensteiner Keramikproduktion in Poštorná betrachtet werden.
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